Wie das so
üblich ist, wenn ich bei wem auf Besuch bin, wurde es auch gestern Abend etwas
später. Nichts desto trotz um halb acht aufgestanden an diesem schönen Morgen
des 27. Augusts.
Es stand eine kleine Bergtour an, wir gingen auf den höchsten
Hügel der Umgebung.
Von da oben war die Aussicht um ein Vielfaches gewaltiger
als von da wo wir beim ersten Besuch in Suvo waren. Es windete heftig, was aber
den Vorteil mit sich brachte, dass wir beim Aufstieg Rückenwind hatten und beim
Abstieg wirkte der Wind als Bremse.
Kaum als
wir zurück waren, gab’s auch gleich wieder einmal was zu Essen. Es war ja auch
schon elf Uhr mittags... Und dann endlich – wir brachen nach dem Mittagessen
auf um das zu suchen, weshalb ich überhaupt so dringend nach Suvo wollte: Die
sagenumwobenen Petroglyphen, zu Deutsch Felszeichnungen. So fuhren wir los und
es stellte sich schon bald einmal heraus, dass Larisa auch nicht so genau wusste, wo sie
sich befinden.
Sie rief jedoch ein Bekannte an, welche Fotos von den
Felsmalereien gemacht hatte. Trotzdem suchten wir lange und irgendwann
beschloss ich, dort zu suchen, wo wir gestern ein Kleinbus mit Touristen
gesehen hatten.
Das war die Richtige Fährte. Blaue Fähnchen an Bäumen und
Sträuchern stimmten mich zuversichtlich und siehe da – Wir fanden die
Petroglyphen. Nun ist es leider so, dass auch bei diesem uralten Kulturgut der
Staat komplett versagt und diese Zeugnisse einer längst vergangenen
Zivilisation mir nichts, dir nichts verwittern lässt! Da wird absolut nichts
konserviert, geschützt, eingezäunt. Es war nicht ganz einfach, noch etwas zu
erkennen, aber es handelt sich offenbar um Symbole, Tiere und menschenähnliche
Gestalten. Die Recherche im Internet blieb bis heute leider erfolglos.
Trotzdem. Ich war glücklich und zufrieden, endlich diese Petroglyphen gefunden
zu haben! Nachdem leider keine Zeit war, die Petroglyphen am Baikalsee zu
suchen mit dem Kamerateam.
Auf dem
Rückweg machten wir Larisa zu Liebe einen Umweg und fuhren mit dem Magirus
durch das ganze Dorf.
So konnte sie auch endlich in die Gärten der anderen
Menschen schauen. Die Wände drumherum sind nämlich recht hoch, aber eben, vom
Lastwagen aus geht’s schon. Nach diesem erfolgreichen Ausflug kehrten wir zu
Larisas Haus zurück und ich konnte mit Sascha den Anschlag der Federung reparieren
und schweissen. Dieser war gerissen und verbog sich bedenklich. Aber danach war
wieder alles in Ordnung.
Das
Nachtessen diesen Abend bereitete ich zu.
Es gab Käserösti mit Spiegeleier. Sie
fanden es lecker, aber etwas ungewohnt. Nach dem Nachtessen verzog sich Maya in
ihre Gemächer, sie hatte noch viel zu arbeiten mit Foto sortieren und Tagebuch
schreiben. Ich sass mit Larisa den ganzen Abend wieder mal in der Küche und wir
redeten viel.
Sie wollte eine Menge über die Schweiz wissen, da sie sich zwischenzeitlich
im Internet schlau gemacht hatte über unser Heimatland. Das fand ich total
schön! Und ich schaffte es sogar noch einigermassen rechtzeitig ins Bett. Wir
wollen morgen früh losfahren.
Es war
Sonntag der 28. August und wir konnten tatsächlich wie vorgehabt um acht Uhr
losfahren. Natürlich nicht, ohne dass wir noch frische Kartoffeln und Gemüse
aus dem Garten erhielten. Und einen Glücksbringer für die Reise im Wagen. Unser
erstes Ziel war heute das Dorf Maksimikha am See, etwas südlich von Ust-Barguzin.
Dort befindet sich das Kulturzentrum des Künstlers und Malers Shelkonikow.
Das
Eingangsportal ist einer kosakischen Festung nachempfunden. Drinnen bekamen wir
eine kundige Führung durch das Museum, wo viele bekannte und unbekannte
Gegenstände des täglichen Lebens verschiedener Epochen ausgestellt sind. Wir
schauten uns auch die Kirche an, welche wie das Haus ohne metallene Nägel und
Schrauben zusammengebaut wurde. Ebenfalls ganz im Stil der Kosaken aus dem 17.
Jhd. Es ist dem Künstler ein Anliegen, das alte Handwerk zu bewahren und die
Geschichte Sibiriens aufrecht zu erhalten. Im Park gibt es einen endemischen
Pflanzengarten, alles fein säuberlich beschriftet. Nur die Kunstwerke
Shelkonikow sahen wir nirgends.
Und weil das
Wetter an diesem Tag gerade so prächtig war und vorallem fast kein Wind ging,
beschlossen wir, in der Nähe einen netten Platz am Baikal zu suchen. Und wie
wir fündig wurden! Bei einer kleinen touristischen Anlage, leicht oberhalb vom
See.
Da die Saison vorbei war, gab es nur noch vereinzelte russische
Tagestouristen und vom Besitzer erhielt ich lediglich seine E-Mailadresse und
einen weiteren Tipp für heisse Quellen im Barguzin-Tal. Es war erst Mittag und
so konnten wir den ganzen Nachmittag am Sandstrand geniessen, baden, faulenzen
und den Tag passieren lassen. Gegen Abend hatten sich dann alle Tagesausflügler
verzogen und der Strand sowie der prächtige Sonnenuntergang gehörte uns
alleine.
Am nächsten
Morgen frühstückten wir direkt am See und beschlossen, grad noch einen Tag hier
zu bleiben. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, Wind gab es auch
nicht. Und wieder den ganzen Tag faulenzen, Blog- und Tagebuch schreiben,
baden, sonnen...
Bis dann im
Verlaufe des Nachmittages ein deutscher Offroader mit Wohnanhänger (!) zufuhr.
Was für eine Überraschung. Für mich waren das die ersten westlichen Touristen
seit dem Beginn meiner Reise. Martin, Pia und ihr Hund Emma sind auf einer
grossen Reise und haben ein Jahr Zeit! Sie starteten im März und fuhren über
Norwegen, Finnland, Karelien nach St. Petersburg, danach weiter quer durch
Russland ins Altai-Gebirge um von da aus in die Mongolei zu gelangen. Sie sind
jetzt sozusagen auf dem Rückweg, werden aber noch Kasachstan, Kirgistan,
Usbekistan, Iran, die Türkei und den Balkan bereisen. Eine ganz ähnliche Route,
wie ich mit Rebekka vor elf Jahren mit dem Saurer gemacht hatte.
Wir
verbrachten einen gemütlichen und interessanten Abend gemeinsam am Lagerfeuer,
redeten viel über das Reisen, unsere Erfahrungen und Erlebnisse. Es waren ganz
tolle Leute und ich hoffe, sie wieder einmal irgendwo zu treffen. An dieser
Stelle möchte ich es auch nicht unterlassen, auf ihren Blog hinzuweisen > www.marpiablog.com .
Tags darauf
mussten wir schon wieder zeitig losfahren, steht doch eine grössere Etappe an.
Wir wollen bis nach Novosneshnaja gelangen. Und so verabschiedeten wir uns von
Pia, Martin und Hund Emma und ich wünsche ihnen ganz tolle Erlebnisse und
vorallem eine unfall- und pannenfreie Fahrt!
Kurz vor
Gorjachinsk endete die schreckliche Holperpiste dem Baikal entlang und auf der
gut asphaltierten Strasse kamen wir zügig voran.
Am Fluss Selenga war dann die
Fähre aus unerfindlichen Gründen ausser Betrieb, was für uns einen Umweg von
über 50 Kilometer bedeutete auf einer Holzstrasse durch Wald und Hügel um bei
Selenginsk über die Brücke zu fahren. Unsere erste Pause machten wir erst um
drei Uhr nachmittags in einer neuen Strassenbeiz.
Bei der
Abzweigung nach Novosneshnaja wurden wir von einem Ladafahrer angehalten, der
irgendwie Werbung für sein Ferienheim machen wollte, jedoch schon arg
alkoholisiert war. Wir lehnten dankend ab, denn ich kannte ja ein gemütliches
Plätzchen am Strand. Im Dorf selber war ein PKW von der Strasse gekommen und
mit der Antriebsachse im Graben gelandet. Auch hier war der ganze anwesende
Trupp sicher nicht mehr nüchtern. Und der Ladafahrer wusste nichts Besseres,
als auch gleich in den Graben zu fahren. Also befreiten wir zuerst ihn, danach
das andere Auto. Muskelkraft reichte und wir konnten weiterfahren.
Im
Dorfladen kauften wir noch das nötige für einen gelungenen Strandaufenthalt
ein, sprich Bier, Schaschlikfleisch und Vodka. Es war ziemlich viel Fleisch und
vorallem noch gefroren.
Wir hatten
den ganzen Strand für uns alleine, was aber wiederum den Nachteil mit sich
brachte, dass die Banja ebenfalls nicht in Betrieb war. Und das fand ich blöd,
hatte ich mich doch so sehr auf die Banja am See gefreut.
Na ja. Dann Holz
gesammelt und ein gutes Feuer gemacht, wir wollen grillieren. Es gab Schaschlik
am Stück!
Natürlich dauerte es ein Weilchen, bis das Fleisch aufgetaut war.
Irgendwann gelang es mir dann schon, das Fleisch auf den Grill zu werfen. Und
es schmeckte hervorragend.
Nach dem
Nachtessen entfachte ich das Feuer nochmals und wir sassen lange da, tranken
Vodka und liessen unsere Reise noch einmal Revue passieren.
Am Morgen
unseres letzten Reisetages, 31. August, zeigte sich der See von seiner ruhigen
und mystischen Seite. Kein Wind, keine Welle, die Ruhe selbst.
Nicht so Mayas
Magen, das plötzlich auftretende viele Fleisch hatte keine gute Wirkung auf den
Magen. Ich dagegen für einmal beschwerdefrei. Nach dem Frühstück packten wir
unsere sieben Sachen und fuhren nach Irkutsk, welches wir am frühen Nachmittag
erreichten. Schönstes Wetter und klare Sicht unterwegs.
Nun hiess
es für Maya ihr Quartier im Magirus räumen, ihr Urlaub nähert sich dem Ende.
In der "Auberge theatrale" war Hochbetrieb, eine deutsche Familie mit drei
Kindern war untergebracht sowie ein Schweizer, der zum Arbeiten hier ist.
Interessante Person, mehr dazu später. Maya packte ihre Koffer, ging noch in
die Stadt um Souvenirs zu kaufen, ich blieb zurück, konnte wieder einmal
waschen, Blog schreiben und versenden, mit Felix dem Schweizer reden und
diverse Mails beantworten. Muss halt zwischendurch auch sein.
Maya lud
mich zum Nachtessen ein und wir gingen zum Mongolen, wo ich schon mit dem
Kamerateam war. Wie schon damals so auch jetzt, es war sehr lecker, aber ob es
wirklich so richtig traditionell Mongolisch war, darüber scheiden sich die
Geister. Macht ja auch nichts. In unserer Unterkunft tranken wir noch einen
Vodka zum Abschied und gingen schlafen.
Am 1.
September, in aller Frühe am Morgen standen wir auf und fuhren mit dem Taxi
zum Flughafen. Mayas Flug geht schon um kurz vor acht Uhr. Nach dem einchecken
tranken wir einen Kaffee, ich zeigte Maya noch die Souvenirläden mit zum
Teil gar abstrusen T-Shirts. Dann verabschiedeten wir uns herzlich voneinander
und ich fuhr mit dem Bus in die Unterkunft zurück.
Somit
beginnt für mich wieder ein neuer Abschnitt der Reise, diesmal bin ich noch
knapp einen Monat alleine in Burjatien unterwegs bevor ich die Heimreise
antrete.
An dieser
Stelle möchte ich mich nochmals bei Maya für die angenehme Begleitung und die
wirklich tollen Fotos bedanken. (Siehe auch www.mayajoerg.ch oder ihr Blog
www.sibiriensite.wordpress.com )
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