Samstag, 23. Juli 2016

Ein übler Moment...


Die Fahrt durch den Ural war wenig spektakulär, da das uralte Rumpfgebirge wolken- und nebelverhangen war.


Wir kamen aber trotzdem recht gut vorwärts. Doch wenn ich konnte, durfte ich nicht überholen und wenn ich durfte, konnte ich nicht... Das ist ein Übel. Na ja, wir haben ja Zeit und sind auf einer Reise, nicht auf der Flucht.
Wir verbrachten jedoch viel Zeit an Baustellen. Das System der Strassenerneuerung ist uns immer noch ein Rätsel, trotz vielen Nachdenkens. Denn es werden nur immer kleinere Abschnitte von 300 - 400 m erneuert, dann wieder kilometerweise Schüttelpisten, kilometerweise Neubaustrecken. Zum Teil waren die Strassen katastrophal, dann wieder perfekt. Irgendwie sollte der Russische Staat sein Geld besser in den Strassenbau investieren, anstatt auf der halben Welt Krieg zu führen. Was übrigens auch die Meinung einheimischer Fernfahrer war!
Bei Kurgan, einer Provinzstadt ca. 300 km vor der kasachischen Grenze wollten wir übernachten, es kam und kam aber kein Rastplatz mehr. Dann doch, so etwa 100 km vor der Grenze, gab es ein Parkplatz mit Motel. Völlig erschöpft hielten wir an und schleppten uns ins gemütliche Restaurant um bei Pjelmeni und Bier in aller Ruhe zusammen zu brechen.


Da es geregnet hatte, waren auch sämtliche Mücken der Gegend aktiv und der Parkplatz versank im Schlamm. Der Magirus sah drinnen aus wie ein Pfadilager.

Am nächsten Tag wollten wir bis nach Omsk fahren. Die Strasse verschlechterte sich zusehends, Schlaglöcher noch und nöcher. Nach etwa zwei Stunden Fahrt sahen wir einen verunfallten LKW neben der Strasse im Sumpf stehen. Irgendwie war der von der Strasse abgekommen. Wir hielten an, um dem armen Fahrer irgendwie zu helfen. Doch dann musste ich mit riesigem Schrecken feststellen, dass wir ein ernstzunehmendes Problem hatten. Es lief Motoröl auf die Strasse! Sofort Motor aus. Zum Glück hielten wir an um dem verunfallten Fahrer zu helfen, denn so stellte ich meinen eigenen Schlamassel fest. Wie sich herausstellte, gab es einen Riss in der Ölwanne. Üble Sache. Im ersten Moment dachte ich, jetzt ist es vorbei! Aber wir sind ja in Russland, da ist Improvisation an der Tagesordnung. Also Riss sauber putzen, mit Silikon provisorisch abdichten und zur nächsten Werkstatt fahren. Glück im Unglück hatten wir in mehrerer Hinsicht. Erstens dass ich anhielt um zu helfen, zweitens dass eine Werkstatt bloss 1 km weit weg war und drittens, dass noch nicht so viel Öl ausgeflossen ist. Da war offensichtlich ein Schlagloch zu grob, denn das Vorderachsdifferential schlug an der Ölwanne an. Und das trotz Endanschlägen an der Federung.
Es hielten mehrere LKW an, um dem bemitleidensweten Fahrer irgendwie zu helfen und mir mehr oder weniger nützliche Tips zu geben. Wir fuhren dann zu dieser besagten Werkstatt.


Nach der Mittagspause gab es ziemlich Betrieb in der Garage wegen mir.


Viel wurde diskutiert, sie wollten mir einfach nicht glauben, dass die Ölwanne beschädigt sei, da das Silikon dicht war und alles darum herum sauber. Doch dann kratzen sie den Silikon weg und sahen den Riss. Schweissen konnten sie die Aluwanne nicht, da sie dazu nicht eingerichtet waren. Aber dann schmierten sie irgend so eine Art Flüssigmetall drauf, was dann aushärtete. Vier Liter Öl nachgefüllt und gut war es. Kosten: 15 SFr.!


Und ich kann vorweg nehmen, es ist immer noch dicht!

Also fuhren wir weiter, keine 500 Meter bis mich das erste Mal die Polizei anhielt. Natürlich wollten sie bloss wissen, was das für ein Fahrzeug ist. Danach tanken und weiterfahren. Doch allzu weit kamen wir nicht mehr, wir haben ja den halben Tag in der Werkstatt verbracht. Heute schafften wir doch noch 250 Kilometer und fanden eine gute Raststätte. Sogar mit WLAN auf dem Parkplatz! Zum Znacht Menu 1, Pjelmeni und Bier! Da lacht einem das Herz wieder...
Am nächsten Morgen, Dienstag, 19. Juli, fuhren wir bereits um sieben Uhr los, wir haben noch ein wenig was einzuholen. Wir kamen recht gut voran, das Wetter abwechslungsreich. Mal Sonne, mal Woken, etwas Regen (was übrigens sehr gut ist um die Insekten auf der Frontscheibe loszuwerden!). Etwa 200 Kilometer vor Omsk ein ganz nette Raststätte angefahren mit sensationellem WLAN. Eine Seltenheit. Kay und Haris mussten noch etwa 90 Kilometer weiter fahren, da sie zwar ein Motel haben hier, nur leider noch nicht ganz fertig gebaut. 


Tags darauf schon wieder sehr früh losgefahren. Die Landschaft änderte sich von Flachland mit Birkenwäldchen in sanfte Hügelzüge...



mit weiten Feldern und prächtigen Blumenwiesen. Schönstes Wetter und heiss. Sibirien halt! Zum Zmittag gab’s den wohl weltbesten Schaschlik. 



Dieses Lokal fehlt eindeutig im „Trip Advisor“ und „Lonely Planet“... Auf dem Parkplatz haben wir noch die Bekanntschaft mit einem ganz verrückten Typen gemacht. Ein Weissrusse, behindert (ihm fehlen die Beine), unterwegs mit einem alten, sehr gebrauchten Mercedes PKW nach Kansk (Stadt zwischen Krasnojarsk und Irkutsk), seiner alten Heimat. 

 
Das Auto hat er in Eigenregie behindertengerecht umgebaut. 


Wir haben wohl noch nie so einen unerschütterlichen und lebensfrohen Menschen kennengelernt wie ihn. Und er freute sich auch riesig, mit uns Bekanntschaft gemacht zu haben. Er liess auch von allen Leuten, die er traf, etwas auf sein Auto schreiben. Und so taten wir das auch. Eine ganz tolle Begegnung war das. Eigentlich sollte das Fernsehen eine Dok über ihn machen.
Nach dieser verhältnismässig langen Mittagspause ging die Fahrt flott weiter. 



Die Landschaft wurde hügeliger, die Strassen kurvenreicher. Es machte richtig Spass zu fahren, ich bekam fast ein Flash...


So gegen 20.00 Uhr Feierabend gemacht auf einer Raststätte. Lisa und Jan geniessen die Fahrt oft schlafend...



Draussen noch ein Kleinkrieg mit Mücken, im Grossen und Ganzen aber recht harmlos. Morgen fahren wir nach Krasnojarsk! Da freuen wir uns auch sehr darauf.

1 Kommentar:

  1. Sali Lukas
    Zum Glück konntet ihr den Lastwagen wieder reparieren. Verfolge Deinen Blog, muss viel lachen und mein Adrenalin-Spiegel steigt schon etwas. Hatte noch Schwierigkeiten wegen dem Visum, da mir die Krankenkasse eine falsche Auskunft gegeben hat, nun ist alles auf gutem Weg. Maya

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